#schongelaufen – Wie argumentieren Online-Prediger? Themen, Thesen und Formate auf Social Media

EINLEITUNG

Der enorme Einfluss, den extremistische Online-Akteur*innen auf Jugendliche haben, ist allgemein bekannt. Wieso diese so einflussreich sind, und wieso Jugendliche sich ihnen anvertrauen, ist noch wenig bekannt. Zum einen spielen die spezifischen Funktionsweisen von Social Media-Plattformen eine Rolle – ein Thema für sich. In diesem Workshop widmeten wir uns zunächst den Themen, Thesen und Formaten, mit denen extremistische Online-„Prediger“ ihre Follower*innen auf Social Media überzeugen. Bei den Analysen für KN:IX plus stellen wir fest, dass selbst intimste oder auch scheinbar banalste Fragen an Online-Akteur*innen herangetragen werden. Andererseits sehen wir, wie auf komplexe, schwerwiegende Fragen von Akteur*innen keine Antwort gegeben wird. Besonders männliche Akteure antworten meist sehr kurz auf Fragen und lassen keinen Zweifel an der Wahrheit ihrer Statements. Als Quellenangaben werden häufig Phrasen wie „die Mehrheit der Gelehrten ist sich einig“ angeführt. Die vielen Q&A-Sessions, Kommentare und Aufrufzahlen zeigen deutlich, wie stark Online-Akteur*innen von Jugendlichen aufgesucht werden und wie sehr Jugendliche in ihrem Glauben verunsichert sind.

Zeil dieses Workshops war es, zu betrachten, wie extremistische Online-„Prediger“ vorgehen, wie sie argumentieren, wie sie sich präsentieren. Im zweiten Teil diskutierten Teilnehmende, welche Relevanz diese Erkenntnisse für ihre Arbeit (Praxis und Wissenschaft) haben, welche weiteren Ressourcen nötig sind, um mit gängigen Argumentationsweisen umzugehen.

Ablauf der Veranstaltung

Die Veranstaltung wurde moderiert und organisiert von Meryem Tinc und Margareta Wetchy. Nach einem kurzen anfänglichen Video-Input wurden erste Reaktionen auf gezeigte Videos gesammelt. Leitende Frage war dabei, wie die Online-Akteure auf die Teilnehmenden wirken und welche Aspekte an deren Auftritten diskussionswürdig scheinen. In einem Kurzvortrag von Margareta wurde zum einen beleuchtet, wie das Wort „Prediger“ definiert wird und welche Herausforderungen und Möglichkeiten mit dem Online-Monitoring einhergehen. Zum anderen wurden Formate und Selbstdarstellung, Themen und Narrative und Arten der Argumentation anhand von Beispielen analysiert. Im Anschluss an den kurzen Vortrag fanden sich die Teilnehmenden in Kleingruppen zusammen und diskutierten unter anderem, welche Erfahrungen in ihrer Arbeit hinsichtlich der Online-Aktivitäten einschlägiger Akteure gemacht wurden, welche Formate und Argumente bei Jugendlichen besonders wirksam sind, welche Erfahrungen/Probleme von jungen Menschen in den Online-Beiträgen aufgegriffen werden, und welche Erkenntnisse sich daraus für die eigene Arbeit ableiten ließen. Im Plenum wurden abschließende Beobachtungen geteilt.

Diskussionspunkte

  • Begriffe „Extremismus“ und „Islamismus“: Welche Definitionen verwenden wir? Welchen Kriterien folgen die unterschiedlichen Definitionen? Welchen Mehrwert bietet die Nutzung dieser Begriffe für unsere Arbeit? Wie steht es um den Begriff der „Feldrelevanz“ – welchen analytischen Mehrwert bietet dieser?
  • Wird in Online-Beiträgen wirklich argumentiert, oder speist sich die Argumentation eher aus der Selbstdarstellung? Welchen Stellenwert haben islamische Quellen? Welche Belege werden angeführt bzw. auch bewusst nicht angeführt? Welchen Grund könnte dies haben?
  • Welches Verhalten der Akteur*innen ist auf Mechanismen von Social Media/Medienstrategie zurückzuführen? Wie muss dies in der Analyse mitgedacht werden?
  • Wie gehen wir damit um, dass die genannten Akteure auch positiven Einfluss auf junge Menschen haben können?
  • Welche Möglichkeiten gibt es, die online verbreiteten Inhalte nicht einfach unkommentiert im Internet kursieren zu lassen? Wie können Akteur*innen der Präventionslandschaft eingreifen? Welche Art der Kontextualisierung ist nötig?

Schlüsselergebnisse

Teilnehmende wünschen sich:

  • Eine umfassende, fortlaufende Diskussion der Begriffe „Extremismus“ und „Islamismus“ und eine vorsichtige, informierte Verwendung dieser Begriffe
  • Veranstaltungen und Publikationen zu Online-Akteur*innen
  • Möglichkeiten zum Austausch, wie den diskutierten Online-Beiträgen begegnet werden kann, damit diese nicht unkommentiert im Internet kursieren.

Literaturverweise

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AUSBLICK

Für die weitere Arbeit von KN:IX wird es zentral sein, sich noch mehr der strukturierten Analyse von Online-Beiträgen zu widmen. Durch das kontinuierliche Online-Monitoring im Rahmen von KN:IX plus werden große Mengen an Daten gesammelt, die jedoch auch der systematischen Interpretation bedürfen. Weiters bleibt es zentral, den Fragen einer „Kategorisierung“ der Akteur*innen nachzugehen, bzw. den Nutzen/die Gefahr dieser – auch unter Einbeziehung von den Erfahrungen von Praktiker*innen – abzuwägen.

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